Auch ein Erbe soll weiterleben

Ohne kulinarisches Erbe keine Cuisine du terroir. Vor zehn Jahren wurde das Inventar des kulinarischen Erbes der Schweiz präsentiert. Es lebt weiter und hat einige Anpassungen erlebt.

Die Schweizer Küche gibt es nicht. Es gibt unzählige Schweizer Küchen. So viele Kulturen, Regionen und Talschaften das Land diesseits und jenseits der Alpen geformt haben, so vielfältig wird gegessen und getrunken – ob nun die Rezepte auf Deutsch, Französisch, Italienisch oder Rätoromanisch geschrieben worden sind. Denn die Schweizer Küche ist, um einen Modebegriff der 1980er-Jahre zu verwenden, eine «Crossover-Küche», die innereuropäische «fusion» am Alpenriegel.

Abbild und Herz dieser Vielfalt ist das Inventar des kulinarischen Erbes der Schweiz. Es wurde im Auftrag des Bundes erstellt und am 9. Dezember 2008 im Haus der Kantone in Bern präsentiert. Basis dieses Erbes sind rund 400 Produkte, welche die Schweiz traditionell charakterisieren, hierzulande hergestellt, gekauft und konsumiert werden. Längst nicht alles ist in der Schweiz «erfunden» worden, doch zahlreiche Produkte haben Kraft der Umstände eine eigene Ausprägung erfahren. Manche wiederum drücken als «flagship species» Land und Landschaften ein Siegel auf – vor allem Käsesorten markieren den kulinarischen Prozess der Schweiz.

Wie rasch dieser Prozess verläuft, illustriert das kulinarische Erbe ebenso gut wie es die Tradition reflektiert: Nichts besitzt ein Ewigkeitszertifikat. Vor zehn Jahren gehörte die Saline de Bex noch der Waadt, mittlerweile hat der Kanton sein exklusives Salzrecht aufgegeben und die Saline de Bex wurde mit den Rheinsalinen, die den Rest der Schweiz mit Salz versorgen, zu Salines Suisses vereint. Andere Produkte haben seit 2008 ihr AOP- oder IGP-Siegel erhalten, was ihnen Schutz vor Nachahmung garantieren soll. So zum Beispiel die Genfer Wurst Longeole (IGP 2009), das Freiburger Safranbrot Cuchaule (AOP 2018), der St. Galler Bloder-Sauerkäse (AOP 2010), Glarner Alpkäse (AOP 2013), Appenzeller Siedwurst, Pantli und Mostbröckli (IGP 2018) – andere wie Absinthe du Val-de-Travers und Berner Zungenwurst, St. Galler Alpkäse, Boutefas oder Bois de Jura  stehen auf der Kandidatenliste.

Auch spezifische inhaltliche Veränderungen gilt es laufend zu beachten. So wackelt das traditionelle Rezept der Tessiner Mortadella di fegato, weil die rohe Schweineleber, die in die Wurstmasse gegeben wird, manchmal Hepatitis-E-Erreger enthält und die Rindsleber, die als Ersatz dienen kann, nicht den gleichen Geschmack beiträgt wie eben Schweineleber. Andere Rezept erhalten einen anderen Drive dank neuer Quellen: So steht in «Ein schön Kochbuch 1559» aus der Küche der Churer Bischöfe, das im Winter 2014/15 auf einen Zürcher Estrich gefunden und dann transkribiert und publiziert wurde, das bislang älteste bekannte Rezept für Mailänderli: «Meilandische Biscotini».

Veränderungen und neue Informationen verlangen eine stete Aktualisierung der Einträge im kulinarischen Erbe, aber auch Neueinträge werden erarbeitet. Bei den Experten liegt eine Fiche über Fromages du Jura (die neben dem reglementierten Tête de Moine AOP die individuelle Hand der Käsereien verkörpern) zur Beurteilung und eine Fiche über Pferdefleisch wird derzeit erstellt.

Jubiläen reissen uns selten von den Sitzen – trotzdem lohnt es sich, wieder einmal einen Blick aufs kulinarische Erbe zu werfen, denn ohne traditionelles Handwerk für Tisch und Keller gäbe es nur eine magere Cuisine du terroir. Und die ist derzeit ja besonders gefragt.

Kulinarisches Erbe der Schweiz

Ohne kulinarisches Erbe keine Cuisine du terroir

Vor zehn Jahren wurde das Inventar des kulinarischen Erbes der Schweiz präsentiert. Es lebt weiter und hat einige Anpassungen erlebt.

Die Schweizer Küche gibt es nicht. Es gibt unzählige Schweizer Küchen. So viele Kulturen, Regionen und Talschaften das Land diesseits und jenseits der Alpen geformt haben, so vielfältig wird gegessen und getrunken – ob nun die Rezepte auf Deutsch, Französisch, Italienisch oder Rätoromanisch geschrieben worden sind. Denn die Schweizer Küche ist, um einen Modebegriff der 1980er-Jahre zu verwenden, eine «Crossover-Küche», die innereuropäische «fusion» am Alpenriegel.

Abbild und Herz dieser Vielfalt ist das Inventar des kulinarischen Erbes der Schweiz. Es wurde im Auftrag des Bundes erstellt und am 9. Dezember 2008 im Haus der Kantone in Bern präsentiert. Basis dieses Erbes sind rund 400 Produkte, welche die Schweiz traditionell charakterisieren, hierzulande hergestellt, gekauft und konsumiert werden. Längst nicht alles ist in der Schweiz «erfunden» worden, doch zahlreiche Produkte haben Kraft der Umstände eine eigene Ausprägung erfahren. Manche wiederum drücken als «flagship species» Land und Landschaften ein Siegel auf – vor allem Käsesorten markieren den kulinarischen Prozess der Schweiz.

Wie rasch dieser Prozess verläuft, illustriert das kulinarische Erbe ebenso gut wie es die Tradition reflektiert: Nichts besitzt ein Ewigkeitszertifikat. Vor zehn Jahren gehörte die Saline de Bex noch der Waadt, mittlerweile hat der Kanton sein exklusives Salzrecht aufgegeben und die Saline de Bex wurde mit den Rheinsalinen, die den Rest der Schweiz mit Salz versorgen, zu Salines Suisses vereint. Andere Produkte haben seit 2008 ihr AOP- oder IGP-Siegel erhalten, was ihnen Schutz vor Nachahmung garantieren soll. So zum Beispiel die Genfer Wurst Longeole (IGP 2009), das Freiburger Safranbrot Cuchaule (AOP 2018), der St. Galler Bloder-Sauerkäse (AOP 2010), Glarner Alpkäse (AOP 2013), Appenzeller Siedwurst, Pantli und Mostbröckli (IGP 2018) – andere wie Absinthe du Val-de-Travers und Berner Zungenwurst, St. Galler Alpkäse, Boutefas oder Bois de Jura  stehen auf der Kandidatenliste.

Auch spezifische inhaltliche Veränderungen gilt es laufend zu beachten. So wackelt das traditionelle Rezept der Tessiner Mortadella di fegato, weil die rohe Schweineleber, die in die Wurstmasse gegeben wird, manchmal Hepatitis-E-Erreger enthält und die Rindsleber, die als Ersatz dienen kann, nicht den gleichen Geschmack beiträgt wie eben Schweineleber. Andere Rezept erhalten einen anderen Drive dank neuer Quellen: So steht in «Ein schön Kochbuch 1559» aus der Küche der Churer Bischöfe, das im Winter 2014/15 auf einen Zürcher Estrich gefunden und dann transkribiert und publiziert wurde, das bislang älteste bekannte Rezept für Mailänderli: «Meilandische Biscotini».

Veränderungen und neue Informationen verlangen eine stete Aktualisierung der Einträge im kulinarischen Erbe, aber auch Neueinträge werden erarbeitet. Bei den Experten liegt eine Fiche über Fromages du Jura (die neben dem reglementierten Tête de Moine AOP die individuelle Hand der Käsereien verkörpern) zur Beurteilung und eine Fiche über Pferdefleisch wird derzeit erstellt.

Jubiläen reissen uns selten von den Sitzen – trotzdem lohnt es sich, wieder einmal einen Blick aufs kulinarische Erbe zu werfen, denn ohne traditionelles Handwerk für Tisch und Keller gäbe es nur eine magere Cuisine du terroir. Und die ist derzeit ja besonders gefragt.

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